Sonntag, 12. September 2010

Selbstlob aus dem KM – Kritik von Fachleuten

Jedes Jahr das gleiche Ritual: Das KM feiert sich selbst anlässlich seiner Bemühungen. Gewerkschaften und Verbände sehen allenfalls marginale Verbesserungen und monieren das Fehlen eines Gesamtkonzeptes.

Aus der Sicht der GEW sind mehr Ganztagsschulen und kleinere Klassen durchaus erfreuliche Entwicklungen. Bei genauerer Betrachtung relativiert sich jedoch das Bild: Lediglich Grund- und Hauptschulklassen werden im Durchschnitt kleiner, und zwar jeweils um 0,3 SchülerInnen. Wir erfahren nicht, wie viele kleine Klassen an einer Schule durch große an einer anderen Schule kompensiert werden müssen. Von der noch vor wenigen Monaten versprochenen zusätzlichen Förderstunde in der 6. Hauptschulklasse ist nicht mehr die Rede.

Die Eingangsklassen an Realschulen und Gymnasien bleiben offensichtlich mit über 30 SchülerInnen unzumutbar groß. Außerdem gibt es in Bayern keine einzige staatliche Ganztagsschule, die diesen Namen auch verdienen würde, in der alle SchülerInnen „ganztägig“, d. h. bis ca. 16.00 Uhr in der Schule sind. Eine Schule darf sich nämlich bereits dann „Ganztagsschule“ nennen, wenn eine einzige Klasse im Ganztagsbetrieb geführt wird.

Die Konzeptionslosigkeit der Schulorganisation lässt Eltern oft verzweifeln. So gibt es z. B. Grundschulen, an denen „alles“ ausprobiert wird: Jahrgangsklassen und jahrgangsgemischte Klassen, Ganztagsklassen in gebundener Form (alle Kinder nehmen am Ganztagsangebot teil), sog. „offene“ Ganztagsangebote (Teilnahme für Kinder freiwillig), Mittagsbetreuung bis ca. 13.00 Uhr und „verlängerte Mittagsbetreuung“ bis ca. 16.00 Uhr. Dazu kommen sog. „Kooperationsklassen“ (Klassen mit einem bestimmten Anteil von Kindern, bei denen ein Bedarf an sonderpädagogischer Förderung diagnostiziert wurde) und sog. „Außenklassen“ von Förderschulen.

Die seit drei Jahren rechtlich gültige Verpflichtung, alle Kinder und Jugendliche, auch die mit einer attestierten „Behinderung“, in Regelschulen aufzunehmen, wird lediglich marginal erwähnt. Die Verpflichtung, Regelschulen so auszustatten, dass alle Kinder und Jugendliche die bestmögliche Förderung erhalten, scheint in Bayern noch gar nicht angekommen zu sein.

Neu ist der Name für einen Teil der Hauptschulen: Sie nennen sich nun „Mittelschulen“. Wie sich diese neue Schulart tatsächlich von der Hauptschule unterscheidet, wird die Entwicklung zeigen.

Dazu Gele Neubäcker, Vorsitzende der GEW Bayern: „KM Spaenle setzt nach wie vor auf ein zersplittertes Schulwesen und begibt sich damit europaweit immer

mehr in die Isolation. Er ignoriert alle wissenschaftlichen Untersuchungen und internationalen Vergleichsstudien, die definitiv belegen dass individuelle Förderung und Chancengleichheit am besten in den Ländern gelingt, in denen die SchülerInnen bis zum 15. oder 16. Lebensjahr gemeinsam lernen (aktuell z. B. Professor J. Bacher, Universität Linz). Daher fordert die GEW nach wie vor eine

Schule, die alle Kinder und Jugendlichen bis zum Ende der Pflichtschulzeit besuchen, und die so mit LehrerInnen und anderen pädagogischen Fachkräften ausgestattet ist, dass optimale Förderung für alle Kinder gelingen kann. Dies ist nicht zum Nulltarif zu haben. Bayern hat dringenden Aufholbedarf. Der Anteil der Bildungsausgaben liegt laut OECD 38 % unter dem Bundesdurchschnitt. Soll die von der Bundeskanzlerin 2009 genannte Zielmarke von 7 % des BIP in Bayern erreicht werden, müssen ca. 18 Milliarden zusätzlich pro Jahr in Bildung investiert werden!“

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