Donnerstag, 13. November 2008

Kommentar zum neuen Kultusminister

Schul- und bildungspolitische Themen haben im Landtagswahlkampf eine herausragende Rolle gespielt. Das Wahlergebnis ist demnach auch eine Antwort auf die entsprechende Politik der CSU. Wählerinnen und Wähler sind unzufrieden mit den wenig reflektierten Maßnahmen der letzten Amtszeit. Sie erwarten eine Politik, die sich an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert und endlich für eine Chancengleichheit sorgt, die nicht nur auf dem Papier steht.
„Umso mehr sind wir enttäuscht über die Koalitionsverhandlungen und den –vertrag,“ bedauert Gele Neubäcker, Vorsitzende des Landesverbands Bayern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. „Zwar sind dringend notwendige Zielvorgaben wie z. B. kleinere Klassen ansatzweise enthalten, das Grundproblem der ungerecht verteilten Bildungschancen wird jedoch nicht radikal, das heißt an der Wurzel, angegangen. Es wird durch die sofortige finanzielle Besserstellung von Privatschulen sogar verschärft.“
Anstatt das durch nichts mehr zu rechtfertigende Schulsystem längst vergangener Zeiten endlich zu überwinden, soll wieder „Kosmetik“ betrieben werden. Diesmal in Form von „Gelenkklassen“, die den Kindern einen erneuten Wechsel der Klasse zumuten.
Neubäcker: „Trotzdem erwarten wir vom neuen Kultusminister Spaenle, dass er international bewährte schul- und bildungspolitische Konzepte vorurteils- und ideologiefrei prüft.

Montag, 3. November 2008

Außerordentliche Vollversammlung am 5.November

In der Augsburger Allgemeinen war Ende September von dem dubiosen Angebot zu lesen, die Uni-Leitung würde die Studiengebühren senken, wenn die Studierenden im Gegenzug auf ihre Mitbestimmung bei der Vergabe der Gelder verzichten.
Was soll man von diesem Angebot der Uni-Leitung halten?
Wie steht es um die studentische Mitbestimmung in Augsburg?

Informationen dazu und was wir jetzt tun können gibt es auf einer außerordentlichen studentischen Vollversammlung. Außerordentlich deswegen, weil keine Anzeichen zu erkennen sind, dass die offizielle Studierendenvertretung darüber in nächster Zeit informieren wird.

Mittwoch, 5.11., 13.15 Uhr in Hörsaal II

Autonomes Seminar "Bildung und Gesellschaft"

Vielleicht seit ihr schon durch die zahlreichen Plakate darauf aufmerksam geworden: Auch in diesem Semester wird im Rahmen der "Freien Universität Augsburg" ein autonomes, von Studierenden selbst organisiertes Seminar statt finden. Jeden Dienstag werden zwischen 19.15 und 20.45 Uhr in Raum 2119 (hinter der Alten Cafete) Texte zum Thema "Bildung und Gesellschaft" diskutiert. Auch wenn die erste inhaltliche Sitzung bereits statt gefunden hat, sind weitere Interessierte jederzeit willkommen.

Im Folgenden dokumentieren wir das Vorwort des Readers, der im ersten Copy-Shop erhältlich ist:

Vorwort

Der vorliegende Reader stellt die Textgrundlage für das autonome Seminar „Bildung und Gesellschaft“ dar, das sich im Wintersemester 2008/2009 jeden Dienstag von 19.15 bis 20.45 Uhr im Phil-Gebäude der Uni Augsburg in Raum 2119 trifft. Im Unterschied zu anderen Kursen steht dieses von StudentInnen selbst organisierte Seminar Studierenden sämtlicher Fachrichtungen und Semester genauso offen wie allen anderen Interessierten. Einzige Voraussetzung ist die möglichst regelmäßige Bereitschaft, sich mit anderen Menschen über die hier versammelten Texte auszutauschen. Dass dies vor dem Hintergrund von Prüfungsstress, Bachelorstudiengängen, Studie-Jobs oder Vollzeitstelle nicht immer einfach ist, wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Aber schon der kritische Bildungstheoretiker Heinz-Joachim Heydorn wies darauf hin, dass wer die Entsagung aufheben will, diese zunächst durchlaufen muss: „Dies eben meint Bildung: Aneignung und Befreiung sind aufeinander verwiesen; die Befreiung wird nicht verschenkt.“ (Heydorn: Über den Widerspruch von Bildung und Herrschaft, Bd. 2, S. 318) In diesem Sinne geht es im Seminar darum, sich kollektiv mit Anspruch und Wirklichkeit von Bildung auseinander zu setzen.

Von Aufklärern wie Kant wurde Bildung als Mittel und Ziel dazu verstanden, dass Menschen die ihnen grundsätzlich gegebenen Fähigkeiten ihres Verstandes realisieren und die Gesellschaft vernünftig einrichten können. Kirche und Adel sahen im damals eingeforderten Recht auf Bildung nicht grundlos eine Bedrohung der eigenen Privilegien, war doch absehbar, dass eine in diesem Sinne gebildete Bevölkerung sich nicht widerspruchslos in die herrschende Ordnung fügen würde. Mit dem Aufstieg des Bürgertums und seiner Ausbildungsstätten emanzipierte sich dann auch das Wissen von der Institution Kirche und damit von religiösen Dogmen. Die Autonomisierung, Rationalisierung und Verweltlichung des Wissens manifestierte sich in Form und Inhalt der Lehre: Die bloße Tradierung wich der Erforschung von Neuem, der Vortrag allmählich dem Dialog. Gegenüber der Exegese biblischer Texte gewannen Philosophie, Medizin und Jurisprudenz als eigenständige Disziplinen an Gewicht. Universitäten entstanden als weltliche Institutionen, denen das Recht auf Selbstverwaltung zugesprochen wurde (vgl. Stapelfeldt, S. 27ff.). Schule wurde zunehmend zur staatlichen Angelegenheit und die allgemeine Schulpflicht verkündet - wenn auch zunächst häufig die Bedingungen für deren Umsetzung fehlten.

Bildung und das moderne Bildungswesen etablierten sich jedoch nicht nur im Widerspruch zur feudalistisch-ständischen Ordnung, sondern trugen ihrerseits zur Durchsetzung einer neuen Gesellschaftsordnung bei. Für die bürgerliche Gesellschaft wurde Erziehung und (ein gewisses Maß an) Bildung zur Notwendigkeit: Dass der Sohn eines Knechtes wieder Knecht wird, der eines Ritters wieder Ritter, war ihr keine Selbstverständlichkeit mehr. Wer gesellschaftliche Funktionen übernimmt, war nicht länger unmittelbar an Herkunft und Stand geknüpft, sondern an Leistung. Technologische Entwicklungen trugen das ihrige dazu bei, dass das Wissen, das Menschen erwerben müssen, um für die Gesellschaft funktional zu sein, immer mehr anwuchs. Damit trat das Moment von Ausbildung und Qualifikation stärker hervor.

Im Seminar wird es darum gehen, sich mit verschiedenen Konzeptionen von Bildung ‒ von der Antike bis zur Gegenwart, von humanistisch bis neoliberal ‒ auseinander zu setzen. Wir werden uns Begriff und Realität von Bildung aus verschiedenen Perspektiven annähern ‒ aus historischer, philosophischer und politikwissenschaftlicher genauso wie aus literarischer und soziologischer. Wie schon im vergangenen Semester wird das freie Seminar auf Selbstverantwortlichkeit, Eigeninitiative und Persönlichkeit aufbauen. Anders als viele Universitätsseminare, in denen lediglich Referate herunter geleiert werden, bei Diskussionen aber niemand den Mund aufbekommt, wollen wir versuchen, kritischen Auseinandersetzungen (wieder) einen Platz an der Universität zu verschaffen. Wer dieses Anliegen teilt oder auch lediglich neugierig ist, wie ein autonomes Seminar funktionieren soll, ist herzlich zu unseren Sitzungen eingeladen.