Donnerstag, 28. Mai 2009

Bildungsprotestwelle erfasst Augsburg



Was ist der Unterschied zwischen einer Universität und einer Berufsschule? Gute Frage. Angesichts der aktuellen Hochschulentwicklung möchte man beinah sagen, es handelt sich hierbei ja um keine „prüfungsrelevante“ Frage, deshalb müsse sie nicht weiter interessieren…
Eine erstaunlich breite Protestbewegung, die sich seit einigen Monaten im ganzen Bundesgebiet aber auch international formiert, sieht das anders und setzt auch Fragen, welche die Bildungspolitik als ganze betreffen, auf die Tagesordnung des Widerstands. Der schlichte Titel „Bildungsstreik“ lässt für viele (Augsburger) Studenten kaum etwas von dem Ausmaß der Bewegung erahnen. In Italien organisierten vor kurzem 100.000 Studenten zusammen mit Leih- und Zeitarbeitern einen Marsch auf Rom, in Frankreich blockieren Dozenten und Studenten gemeinsam die dortigen Hochschulreformen zur Bildungsökonomisierung, in Leipzig befinden sich seit über 40 Tagen Universitätsgebäude besetzt und seit Tagen werden die KiTas von den Erziehern bestreikt. Der Grund für all dies: Eine zunehmende Ökonomisierung der Bildung.
Das Wort „Streik“ hat dabei vor allem politischen Symbolcharakter und weckt Assoziationen, z.B. an den legendären Streik der „Solidarnosc“-Gewerkschaft 1980 in Polen; Bildungs-„Boykott“ erklärt das aktuelle Vorhaben dabei zutreffender, rückt aber die Überparteilichkeit und die Solidarität der Protestierenden in den Hintergrund. Beim Bildungsstreik handelt es sich um ein immenses Bündnis von Schülern, Studenten, Gewerkschaften und vielen anderen Gruppen, die in 54 deutschen Großstädten bundesweit eng miteinander vernetzt sind und koordinierte Aktionen und Demonstrationen in der Woche vom 15. bis 19. Juni planen. Insgesamt wird der Bildungsstreik von über 200 Gruppierungen verschiedenster Couleur unterstützt (darunter sämtliche Hochschulgruppen und AStAs, kirchliche Gruppen, Partei- und Gewerkschaftsjugenden, Attac,…). Das „Augsburger Bildungsbündnis“, das sich aus hiesigen SchülervertreterInnen und StudentInnen zusammensetzt, organisiert dabei den Protest vor Ort und fordert ebenfalls dazu auf, sich zu engagieren. Gelegenheit hierzu bieten die bundesweiten Demonstrationen am 17. Juni; in Augsburg ist hierbei Beginn um 13.30Uhr am Rathausplatz mit einer Kundgebung. Bereits ab 9Uhr werden sich streikende SchülerInnen dort versammeln. Es geht vor allem gegen eine Politik, welche Bildung immer stärker ökonomisiert und damit warenförmig macht. Öffentliche Gelder für Bildungsausgaben werden eingespart mit dem Argument der leeren Kassen, wohingegen zur Bankenrettung 720 Milliarden Euro aufgebracht werden. Der Konkurrenzdruck nimmt nicht nur im achtjährigen Gymnasium zu, sondern verlagert sich bereits in die letzten Jahre der Grundschule. Private Nachhilfeinstitute boomen, psychologisches Beratungspersonal des Studentenwerks sowie an Schulen hat Konjunktur. Enge Stundenpläne und hohe Anforderungen im Bachelorstudium bewirken oftmals eine Verinnerlichung der uneingeschränkten Leistungsbereitschaft und Konformität.
Dagegen wollen wir protestieren. Einen aktuellen Überblick über den Bildungsstreik, sowie eine komplette Übersicht der Forderungen und sämtlicher Unterstützer ist auf www.bildungsstreik2009.de einsehbar.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen